Schwerpunkt Heiner Müller: „Ich habe versucht, eine Hoffnung zu denken.“

Film, Gespräche, Installation

27. Oktober ab 14 Uhr, Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden

Im Rahmen des Festivals "89/19 – Vorher/Nachher"

Mit: Dr. Janine Ludwig, Tom Stromberg, Andrea Koschwitz, Noah Willumsen, Alexander Karschnia, Till Müller-Klug, Dirk Baecker, Anja Quickert

Geboren 1929 im sächsischen Eppendorf, wird Heiner Müller bis zu seinem Tod 1995 in Berlin nicht müde, das historische Fundament (des wiedervereinigten) Deutschlands umzugraben und unbequeme Kontinuitäten der gesellschaftlichen Strukturen freizulegen: Gewalt, soziale Ungerechtigkeit, Ausschlussmechanismen. „Was jetzt gebraucht wird, ist nicht Einheit, sondern die Ausformulierung der vorhandenen Differenzen“, erklärte Heiner Müller kurz nach der Wende. Die von Heiner Müller 1994 prophezeiten „neuen Mauern“ sind installiert, die osterweiterte Europäische Union schottet sich vor den Flüchtlingsströmen, den Konsequenzen mitverschuldeter Armut und Krieg ab. Was tun? – nachdem die großen Erzählungen und Subjekte der Revolutionen beerdigt sind? Gibt es neue Versuche, die alten Gedanken aufzugreifen und umzudeuten? Und welches Potenzial haben die Texte und das politische Denken von Heiner Müller für gegenwärtige Protestbewegungen?

Im Osten bis Mitte der 1970er Jahre nicht gespielt, stießen Heiner Müllers Stücke in der BRD, in Frankreich oder in den USA auf großes Interesse. Was machte die Figur Müller anschlussfähig für die linken Diskurse im Westen? Wie veränderte die Wende seine Rezeption in Ost und West? Und warum wurde er nach 1990 zum vielleicht gefragtesten Gesprächspartner für die Medien?

Diesen und anderen Fragen widmet sich eine Podiumsveranstaltung in Kooperation mit der Internationalen Heiner Müller Gesellschaft.
Programm

14:30 Uhr
Podium I

16:00 Uhr
Der Mann im Fahrstuhl – mit Günter Schabowski
Eduard Erne (AT) | Film (20 Min.), Produktion TaT, Frankfurt a.M. 1990

16:45 Uhr
Podium II

Außerdem zeigen wir während des gesamten Festivals im Ecksalon Ost die Installation
Die Müllermatrix – Interrobang

In der interaktiven Audio-Installation „Die Müllermatrix“ wird Heiner Müller reanimiert. Per Telefon kommuniziert das Publikum mit einem Müller-Cyborg. Halb Mensch, halb Telefoncomputer äußert sich Heiner Müller zu verschiedensten Themengebieten der Gegenwart: vom Untergang Europas über Vorratsdatenspeicherung, Migration und soziale Ungleichheit bis hin zur zeitgenössischen Theaterlandschaft. Per Tastenwahl können die Teilnehmenden ihren Austausch mit Heiner Müller individuell gestalten, auf dem Resonanzboden von Müllers Äußerungen nach Antworten für das 21. Jahrhundert suchen und gemeinsam mit Müller in die dämonischen Tiefen des hypertextuellen Systems vordringen, in das er für diese Audioinstallation verpflanzt wurde.

Interrobang haben mit der Analyse, O-Ton-Montage und Digitalisierung des umfangreichen Müller-Audiomaterials eine künstliche Heiner-Müller-Intelligenz erschaffen, die gespenstisch und befremdlich auf die Texte und Interviews Heiner Müllers zurückblickt und diese für die Gegenwart neu konfiguriert.

Tickets: https://www.hellerau.org/de/event/heiner-mueller/

© Ute Schendel[1] Margit Broich[2][4] Heidi Paris/Merve Verlag[3]