Müllersalon #13. KEINER ODER ALLE. War das falsche Programm

Ulrich Peltzer im Gespräch mit Uwe Schütte über die Ästhetik des Politischen heute, Heiner Müller und Lesung aus dem neuen, unveröffentlichten Roman.

8. Mai 2019, Deutsches Theater Berlin

Saal, 20 Uhr

„Vielleicht muss man daran erinnern, dass es sie einmal gab, die Linke“, schrieb Ulrich Peltzer, einer der profiliertesten Autoren der Gegenwartsliteratur, einmal in einer Glosse. Bereits 1998 hatte er mit „Alle oder keiner“ – nach Brecht, Müller, oder wie er selbst behauptet: dem Kampfruf der italienischen Antipsychiatriebewegung „nessuno o tutti“ – über die Lebenserzählung eines ehemals radikalen Linken die Frage aufgeworfen, wie es sich nach dem Scheitern aller politischen Träume weiterleben lässt. Untrennbar mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verbunden ist dabei immer auch die Geschichte der Gewalt – die der bewaffneten Kämpfe und Kriege, aber auch die, die den demokratischen Rechtsstaat begründet und aufrecht erhält. Ein Thema, das Heiner Müller Zeit seines Lebens beschäftigt hat – das Phantasma der Selbstreinigung, das immer in den Exzess der „Säuberung“ zu kippen droht. Gleichzeitig liefern Peltzers vielgelobte Romane präzise Porträts einer zersplitterten Gegenwart, die den Verästelungen post-fordistischer Prozesse im Bewusstsein der Romanfiguren nachgehen.
„Was tut man, was hat man getan für ein besseres Leben?“, fragte Peltzer in einem Gespräch über seinen letzten Roman „Das bessere Leben“ (2015). „Wer hat ein Anrecht darauf? Welche Kämpfe und Auseinandersetzungen sind im letzten Jahrhundert geführt worden, um es möglich zu machen, war alles vergeblich, wer erinnert sich, wen kümmert es?“ Oder überhaupt: Was könnte das sein, „ein besseres Leben, jenseits persönlicher Ambitionen, die einen völlig an den Augenblick gefesselt halten“?
Im Gespräch mit Uwe Schütte wird Ulrich Peltzer die Möglichkeiten eines zeitgenössischen politischen Schreibens diskutieren, über sein Verhältnis zu Heiner Müller sprechen und aus seinem neuen, unveröffentlichen Roman lesen.

Ulrich Peltzer, geboren 1956 in Krefeld, studierte Philosophie und Psychologie in Berlin, wo er seit 1975 lebt. Er veröffentlichte u.a. die Romane „Die Sünden der Faulheit“ (1987), „Alle oder keiner“ (1999) oder „Teil der Lösung“ (2007) sowie die Frankfurter Poetikvorlesungen „Angefangen wird mittendrin“ (2011). Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem dem Berliner Literaturpreis – verbunden mit der Heiner-Müller-Gastprofessur an der FU Berlin – und dem Heinrich-Böll-Preis. Zuletzt erschien der Roman „Das bessere Leben“ (2015), der auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand und unter anderem mit dem Marieluise-Fleißer-Preis, dem Peter-Weiss-Preis und dem Franz-Hessel-Preis geehrt wurde.

Uwe Schütte, geboren 1967 in Menden, promovierte 1996 bei W. G. Sebald über „Die Archive des Schweigens“ und ist heute Dozent an der Aston University, Birmingham. Er hat wissenschaftliche Studien zur Gegenwartsliteratur sowie Einführungen in Leben und Werk von u.a. Thomas Bernhard, W. G. Sebald oder Heiner Müller veröffentlicht. Gemeinsam mit Paul Fleming gab er 2014 den Sammelband: „Die Gegenwart erzählen: Ulrich Peltzer und die Ästhetik des Politischen“ heraus. Zuletzt erschienen Publikationen zur den Musik/Kunstgruppen Kraftwerk und Laibach.

© v.d. Ropp[1] Neues Deutschland[2]

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