VON SIEMENS-PLANIA ZU DONG XUAN

Ein Projekt von Peter Badel und Holger Herschel

Gefördert vom Hauptstadtkulturfonds Berlin
und vom Bezirkskulturfonds Lichtenberg

Im Rahmen von

WORKING FOR PARADISE
BERLIN - NAPOLI 2009
HEINER MÜLLER. LABORATORI


Die Herstellung von Elektroden aus Kohle, Graphit und keramischen Zuschlagstoffen ist nichts weiter als eine riesige Bäckerei. Alles wird nach Rezept gerüttelt und gemischt. Dann kommt’s bei 1000 Grad in den Ofen und nach ein paar Tagen, wenn alles wieder abgekühlt ist, schneidet man sich die passenden Stücke zurecht. Das haben wir im EKL alles selbst gemacht – heute kommen die fertigen Blöcke für Pantrac aus Russland oder China ...“, erzählt uns Frank Tennert, der gemeinsam mit 800 EKL-Kollegen seinen eigenen Arbeitsplatz im VEB Elektrokohle abgerissen hat und heute einen Teil der freigewordenen Fläche vermietet.


Spuren und Anfänge: Wir beginnen unser Projekt in der Ofenhalle von Hans Garbe. Die Ofenanlagen (6 m tief aus Schamottsteinen) und die Trockenröhren (2,50 m lang und senkrecht in den Ofenlöchern nebeneinander zur Trocknung der Kohlezylinder benutzt) werden zurzeit abgetragen und planiert.

Unser Vorhaben visualisiert den Übergang von der Arbeit in der Industriegesellschaft zur Beschäftigung in der Dienstleistungsgesellschaft, der ArbeiterInnen, wie wir sie kennen, nutzlos macht. Ein Gegenwartsprozess, der auf dem Gelände des ehemaligen Siemens-Plania-Werkes, des späteren VEB Elektrokohle und des heutigen Dong Xuan Centers zwischen Herzbergstraße, Vulkanstraße und Landsberger Allee in Berlin-Lichtenberg erlebbar ist.

Noch sind einige Bauten und ungeheurer Dreck als Überbleibsel des jahrzehntelangen Umgangs mit Industriekohle vorhanden. Wir dokumentieren diesen Zustand, bevor man nur noch darüber nachlesen kann. Wir filmen und fotografieren. Wir suchen mit Kamera und Mikrofon kompetente Gesprächspartner, die von den Arbeits- und Lebensbedingungen („Die Wäsche war manchmal grauer, wenn sie von der Leine kam, als vorher ...“) aus DDR-Zeiten berichten können. Wir treffen Beschäftigte der Firma Pantrac, die vor Ort noch Kohlefabrikate in einer Art Manufaktur herstellen, und beobachten die Kleinhändler, Friseure und Restaurantbetreiber aus Vietnam und ihre Kunden.

Wir sind fasziniert vom babylonischen Charakter der Veränderung und überzeugt davon, einen einmaligen multikulturellen Prozess zu begleiten, der von der Transformation asiatischer Lebensmuster in einen historischen Ostberliner Bezirk gekennzeichnet ist. Mit traditioneller analoger Film- und Fototechnik sowie mit digitaler Video- und Tontechnik begleiten wir diesen Prozess ein Jahr lang.


Von März bis Mai 2009 zeigen wir eine umfassende Ausstellung und Film/Video-Collage als Verbindung von Kunst, Dokument und Alltagskultur im Museum Lichtenberg.


Peter Badel / Holger Herschel



20. März 2009
Stadthaus Lichtenberg, Türrschmidtstraße 24/25

17 Uhr Eröffnung der Ausstellung von Peter Badel und Holger Herschel

VON SIEMENS-PLANIA ZU DONG XUAN
Fotografie, Originalton und Film

Bis 20. Mai 2009


Weitere Informationen unter

www.elektrokohle-dongxuan.de

© Christopher Martin[1] Ute Schendel[2]

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